16. Januar 2006

Nachdem zwei Abstimmungsvorlagen zur Revision des Mietrechts in den Jahren 2003 und 2004 deutlich abgelehnt wurden, hat der Bundesrat einen neuen Entwurf zur Beratung vorgelegt. Zentrale Fragen sind nach wie vor, nach welcher Methode die Mietzinshöhungen berechnet werden sollen, wann Mietzinsen missbräuchlich sind und welche Anpassungen wegen Handänderungen, Investitionen und Rendite der Liegenschaft zulässig sein sollen. Der Entwurf will die Erkenntnisse aus den beiden verworfenen Vorlagen berücksichtigen und eine neue Gesetzesgrundlage schaffen, die für alle Beteiligten akzeptabel ist.

Die wichtigste Neuerung ist das dualistische System für Mietzinsanpassungen. Danach haben die Mietparteien die Möglichkeit, zwischen der Indexmiete und der Kostenmiete zu wählen. Die einmal gewählte Anpassungsmethode bleibt für das laufende Mietverhältnis verbindlich.

Bei der Indexmiete, die als Standard gelten soll, wird der Mietzins aufgrund der Veränderungen der Teuerung berechnet und völlig von den Hypothekarzinsen abgekoppelt. Einmal pro Jahr wird der Mietzins im Ausmass von 80 Prozent der Teuerung angepasst. Bei Geschäftsräumen kann die Indexierung bis zu 100 Prozent betragen. Diese vereinfachte Methode ist für den Vermieter von Vorteil, wenn die Liegenschaft vorwiegend aus Eigenkapital finanziert ist und die Hypothekarzinssätze von geringer Bedeutung für die Rendite sind. Der Mieter hat den Vorteil, dass die Miete sich stetig mit der Teuerung entwickelt und nicht mehr starken Schwankungen unterliegt bei Zinsänderungen. Hintergrund dieser Methode ist die Ansicht, dass sich die Mietzinsen parallel zu den Löhnen entwickeln sollen und die ungeliebten Mietzinssprünge dadurch wegfallen.

Bei der Kostenmiete werden ähnlich der heutigen Regelung die Veränderung der Kostenfaktoren berücksichtigt. Die zentrale Grösse ist die angemessene Bruttorendite, die bestimmt wird von den Faktoren Durchschnittszinssatz für Hypotheken, Anlagewert, Unterhaltskosten und Alter der Liegenschaft. Die Schweizerische Nationalbank hat vierteljährlich einen Durchschnittssatz für Hypothekarforderungen zu veröffentlichen, der für die Anpassung massgebend ist. Wie bisher kann bei einer Mindesterhöhung des Zinssatzes von 0,25 Prozent die Miete erhöht werden. Die Überwälzung der Teuerung auf dem Eigenkapital bleibt mit 40 Prozent gleich. Auch die Entwicklung der Unterhaltskosten und die im Mietzins inbegriffenen Betriebs- und Verwaltungskosten werden in die Berechnung einbezogen. Für die Teuerung der Unterhaltskosten ist wahlweise eine Pauschale oder die effektive Methode vorgesehen. Auch bei Mehrleistungen durch Investitionen ist eine entsprechende Anpassung möglich. Vermieter, die ihre Liegenschaft vorwiegend mit Fremdkapital finanziert haben, werden sich eher für diese Variante entscheiden, da die steigenden Kosten direkt weitergegeben werden können.
Zusätzlich soll der Vermieter bei der Kostenmiete alle sieben Jahre eine Anpassung an die angemessene Bruttorendite vornehmen können, wenn absolute Erhöhungsgründe vorliegen und der Mietzins zu tief angesetzt wurde. Im Gegenzug hat die Mieterschaft im gleichen Zeitraum die Möglichkeit, die Angemessenheit zu überprüfen und einen überhöhten Mietzins anzufechten.

Eine Mietzinserhöhung infolge Handänderung soll nur möglich sein, wenn die Liegenschaft vorher mindestens zwei Jahre im Besitz des Verkäufers war. Bei der Indexmiete kann höchstens bis zur Vergleichsmiete erhöht werden und bei der Kostenmiete im Rahmen der Bestimmungen für die angemessene Bruttorendite. Auch hier kann der Mieter den Mietzins überprüfen lassen und gegebenenfalls anfechten. Zudem kann bei einer Handänderung die Anpassungsmethode gewechselt werden durch eine entsprechende Vereinbarung der Parteien.

Für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der Mietzinsen sind je nach Art der Miete verschiedene Masstäbe vorgesehen. Bei der Indexmiete sind die Mietzinsen von vergleichbaren Wohn- und Geschäftsräume massgebend, also der Marktwert, während bei der Kostenmiete die angemessene Bruttorendite beurteilt wird. Dadurch erfolgt eine klare Aufteilung, welche Vergleichskriterien zur Anwendung gelangen.

Durch diese Kompromisslösung aus den letzten Abstimmungen will der Gesetzgeber einerseits den Mietparteien die Wahl zwischen verschiedenen Anpassungsmodellen geben und andererseits die Rechtssicherheit im Mietrecht erhalten. Immerhin sind rund zwei Drittel der Bevölkerung als Mieterinnen und Mieter direkt davon betroffen. Die weiteren Beratungen in diesem Jahr werden zeigen, wie dieser neue Entwurf akzeptiert und umgesetzt wird.